Bebauungsplan Nr. 073 - Wohngebiet "Auf dem Behrnen"

  • Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes
Vorlagennummer: 10/434
Beratungsart:öffentlich
Federführender Bereich:Planen, Bauen, Umwelt

Wichtige Dokumente zum Download (veröffentlicht am 17.11.2017)

Sachverhalt


Der Rat der Stadt Kalkar hat in seiner Sitzung am 22.02.2006 den Bebauungsplan Nr. 073 - Wohngebiet "Auf dem Behrnen" - als Satzung beschlossen. Auf fast 70 Wohnbaugrundstücken wurden seitdem freistehende Einzel- sowie Doppelhäuser durch private Bauherrn und Bauträger realisiert. Die Vermarktung der Baugrundstücke erfolgte nach Herstellung der Erschließungsanlagen vollständig durch die Stadtentwicklungsgesellschaft Kalkar mbH; jedem Erwerber wurden in diesem Zusammenhang die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans durch die Liegenschaftsverwaltung der Stadt Kalkar gegen schriftliche Empfangsbestätigung übergeben. In den jeweiligen Grundstückskaufverträgen haben sich die Käufer dann verpflichtet, die Bauvorhaben nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes einschließlich der örtlichen Bauvorschriften zu errichten.

In der Begründung zum Bebauungsplan wird zu dem vom Rat der Stadt beschlossenen Bebauungs- und Erschließungskonzept erläutert, dass zwischen den Wohnhöfen und Hausgruppen Freiräume gebildet werden, die als Grünstreifen gestaltet oder als Versickerungsmulden für Niederschlagswasser vorgehalten werden. Dementsprechend werden diese Freiräume in der Planzeichnung des Bebauungsplans als Fläche zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen festgesetzt. Im nördlichen Bereich des Plangebiets sind gemäß der Pflanzverpflichtung (P6) in diesen Flächen Gehölzstreifen aus heimischen, standortgerechten Sträuchern anzulegen. Sie bilden die Fortführung der Gehölzpflanzungen der Versickerungsmulden im südlichen Plangebiet und ergeben durchgehende Gehölzbänder von Norden nach Süden. Die Gehölze sollen zur Mitte hin dichter, nach innen zum Garten hin lockerer gepflanzt werden, so dass ein Gehölzband in lockerer Pflanzung entstehen kann (s. Anlage 1).

In der Sitzung des Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses am 07.09.2017 informierte bereits der Vorsitzende über den Antrag eines Grundstückseigentümers an der "Theodor-Franken-Straße" im Baugebiet "Auf dem Behrnen". Mit dem Antrag wird eine Änderung des Bebauungsplanes bezüglich der o.g. Pflanzvorschriften angestrebt. Demnach sollen die Flächen mit der Kennzeichnung P6 für genehmigungsfreie Vorhaben i.S.d. Landesbauordnung freigegeben werden. Durch diese Änderung würden kleine genehmigungsfreie Geräte- und Gartenhäuser, die keinen negativen Einfluss auf die Bebauung und das Wohngebiet hätten, zugelassen. Der Antragsteller verweist in diesem Zusammenhang auch auf zahlreiche Abweichungen und Probleme bezüglich der Nutzung im Bereich der Flächen, welche zur Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen vorgesehen sind.

Hintergrund für den Antrag ist ein ordnungsbehördliches Verfahren der Unteren Bauaufsichtsbehörde (Kreis Kleve). Aufgrund einer Nachbarbeschwerde hat die Bauaufsicht festgestellt, dass die auf dem Grundstück des Antragstellers begonnene Errichtung einer baulichen Nebenanlage mit den Abmessungen 3,50 m x 3,0 m im Pflanzstreifen unzulässig ist und den Grundstückseigentümer zur Beseitigung der Nebenanlage aufgefordert. Auch das angrenzende Grundstück des Beschwerdeführers wurde in diesem Zusammenhang einer bauaufsichtlichen Prüfung mit dem Ergebnis unterzogen, dass der Pflanzstreifen nur vereinzelt bepflanzt und überwiegend mit Basaltsplitt ausgeführt wurde. Der Kreis hat die Stadt für dieses Grundstück aufgefordert, das Pflanzgebot in eigener Zuständigkeit durchzusetzen.

Diese beiden baurechtlichen Verfehlungen, die aktuell von der Bauaufsichtsbehörde ermittelt wurden, stehen im Wohnbaugebiet "Auf dem Behrnen" exemplarisch für eine Vielzahl von kleineren Verstößen gegen das Bau- und Planungsrecht, die sich ansatzweise auf dem als Anlage 2 beigefügten Luftbild erkennen lassen. Eine nachträgliche Legalisierung von Nebenanlagen in den Pflanzstreifen und von Missachtungen der Pflanzgebote wäre durch eine komplexe Änderung des Bebauungsplanes zu erzielen. Die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen sowie die Begründung müssten geändert und in die gem. Baugesetzbuch vorgeschriebenen, gesetzlichen Beteiligungsverfahren gegeben werden. In diesem Zuge müssten der Umweltbericht überarbeitet und die Auswirkungen auf den Artenschutz überprüft werden. Dabei ist folgendes zu bedenken:

Der Bebauungsplan Nr. 073 unterliegt der ökologischen Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Somit sind Beeinträchtigungen der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, die durch die Bebauung oder Nutzungsänderung von bisherigen Freiflächen hervorgerufen werden, durch geeignete Festsetzungen auszugleichen. Als eine geeignete Festsetzung wurde im Bebauungsplan Nr. 073 das Pflanzen von Gehölzstreifen auf den privaten Grundstücksflächen in die ökologische Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung eingestellt. Gleichwohl verblieb schon zum Zeitpunkt der Bebauungsplanerstellung im Jahr 2006 ein ökologisches Defizit, welches durch eine externe Ausgleichsmaßnahme (Aufforstung) im Stadtteil Kalkar-Kehrum kompensiert werden konnte. Bei Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Aufhebung der festgesetzten Gehölzstreifen müssten daher die Eingriffe neu bilanziert und erneut durch geeignete, weitere Festsetzungen an anderer Stelle ausgeglichen werden.

Aus Sicht der Verwaltung wird solch eine Änderung abgelehnt. Es ist nicht zu unterstützen, ein sachgerecht abgewogenes, städtebauliches und ökologisches Konzept, an welches sich zahlreiche Eigentümer im Zuge der Nutzung ihrer Grundstücke gehalten haben, teilweise aufzuheben. Ungeachtet dessen, dass allein die materielle Änderung des Planungsrechts personelle und finanzielle Ressourcen der Stadt Kalkar beansprucht, müsste außerdem eine Ersatzfläche zur ökologischen Aufwertung bereitgestellt, entwickelt und auf Dauer gepflegt werden. Dieser Aufwand erscheint umso weniger gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass die Bauherren über das geltende Planungsrecht informiert wurden. Auch geht es um die Glaubwürdig- und Verlässlichkeit kommunaler Rechtsnormen; wenn es selbst bei relativ neuen Bebauungsplänen nicht mehr gelingt, planungsrechtliche Festsetzungen zu erhalten, stellt sich die Frage, ob künftig weiterhin Vorgaben getroffen werden sollen, die versuchen, eine städtebauliche und gestalterische Qualität zu sichern.

Finanzielle Auswirkungen


Es entstehen keine Kosten.

Beschlussvorschlag


Dem Antrag auf Änderung des Bebauungsplans Nr. 073 - Wohngebiet "Auf dem Behrnen" - zum Zweck der Aufhebung von Bauverboten für Nebenanlagen in den Pflanzstreifen wird nicht zugestimmt. Die Verwaltung wird aufgefordert, in Abstimmung mit der Unteren Bauaufsichtsbehörde (Kreis Kleve) die Einhaltung der geltenden, planungsrechtlichen Vorgaben des Bebauungsplans sicherzustellen.

Vorgesehener Beratungsweg

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen der Drucksache verfolgen.

Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss, 30.11.2017

Wortbeitrag


SB Kempkes erklärt sich für befangen und nimmt an der Beratung und Beschlussfassung zu diesem Tagesordnungspunkt nicht teil.

Stadtoberbaurat Sundermann erläutert die Drucksache.

Vorsitzender Naß fragt, ob die Möglichkeit bestehe, grundstücksbezogene Anträge auf Änderung des Bebauungsplanes bzgl. der Pflanzvorschriften zu stellen.

Stadtoberbaurat Sundermann bejaht dies; er hält solch ein Vorgehen aber grundsätzlich für wenig pragmatisch.

Beschluss


Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt einstimmig bei 1 Enthaltung:

Dem Antrag auf Änderung des Bebauungsplans Nr. 073 - Wohngebiet "Auf dem Behrnen" - zum Zweck der Aufhebung von Bauverboten für Nebenanlagen in den Pflanzstreifen wird nicht zugestimmt.

Die Verwaltung wird aufgefordert, in Abstimmung mit der Unteren Bauaufsichtsbehörde (Kreis Kleve) die Einhaltung der geltenden, planungsrechtlichen Vorgaben des Bebauungsplans sicherzustellen.