Antrag der Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG Werk Appeldorn nach §§ 16, 6 BImSchG auf Genehmigung zur wesentlichen Änderung der Anlage zur Herstellung von Zucker

  • Abgabe einer Stellungnahme zum o. g. Sachverhalt
Vorlagennummer: 10/235
Beratungsart:öffentlich
Federführender Bereich:Planen, Bauen, Umwelt

Wichtige Dokumente zum Download (veröffentlicht am 21.04.2016)

Sachverhalt


Die Pfeifer & Langen GmbH und Co. KG, Reeser Straße 280 - 300, 47546 Kalkar plant eine Änderung der am Standort Appeldorn betriebenen Anlagen zur Herstellung und Raffination von Zucker aus Zuckerrüben. Dies betrifft im Wesentlichen die Errichtung eines zusätzlichen Kesselhauses im Kernbereich der Fabrik (s. Anlage 1) sowie die Erhöhung der Rübenverarbeitungskapazität zwecks Ausschöpfung bereits genehmigter Produktionsmengen. Damit verbunden ist die Änderung der internen und externen Betriebsabläufe, insbesondere der An- und Ablieferung; die geplante Rübenanfuhr und -verarbeitung erfolgt dabei weiterhin unter Beibehaltung der derzeit genehmigten Menge an hergestellten Fertigerzeugnissen. Durch die geplanten Änderungen soll eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und Effizienz der Bestandsanlagen erreicht und damit übergreifend die Wettbewerbsfähigkeit der Zuckerfabrik Appeldorn als Standort der Zuckerproduktion auch nach Auslaufen der Zuckermarktordnung erhalten und gesichert werden.

Zur Erhöhung der Versorgungssicherheit soll die o.g. zweite Kesselanlage errichtet werden; als Brennstoff für die Dampf- und Stromerzeugung wird Steinkohle eingesetzt. Ein Steinkohlebunker mit einem Bruttovolumen von 460 m³ enthält Steinkohle, die die Brennstoffversorgung für bis zu 2 Tage sicherstellt. Die Steinkohle wird just-in-time per Lkw angeliefert. Um die Brennstoffversorgung z.B. an Feiertagen sicherzustellen wird zudem auf einem bereits vorhandenen Lagerplatz eine Steinkohlemenge von ca. 1.000 t vorgehalten. Außerdem wird das am Anlagenstandort in der Abwasserbehandlungsanlage erzeugte Biogas über einen Zusatzbrenner in der neuen Kesselanlage verbrannt. In diesem Zusammenhang soll auf den genehmigten Brennstoff Schweröl vollständig verzichtet werden. Die vorhandene Kesselanlage, welche aktuell und auch künftig mit Erdgas beschickt wird, sowie die neue Kesselanlage werden nicht zeitgleich betrieben, so dass ein gleichzeitiges Ableiten der Abgase über den vorhandenen Schornstein ausgeschlossen wird. Mit dem Wegfall des zulässigen Brennstoffes "Heizöl S" ist eine prinzipielle Verringerung der Emissionen insbesondere hinsichtlich der Emissionsparameter Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid am Anlagenstandort Appeldorn verbunden. Da die vorhandenen Turbinenanlagen künftig effizienter genutzt werden können, erhöht sich der Nutzungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung. Der neue Festbrennstoffkessel wird mit einer Rauchgasreinigungsanlage ausgestattet. Zudem sollen über die Anforderungen der TA Luft hinausgehende emissionsmindernde Maßnahmen durchgeführt werden. Hierzu werden als beste verfügbare Technik zur Stickoxid- und Schwefelreduktion den Rauchgasen Harnstoff zugeführt und durch die Zugabe von Kalkhydrat die Schwefelemissionen reduziert.

Die geplante Änderung der Bestandsanlage unterliegt einem Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Die wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-) Genehmigung gemäß § 16 BImSchG. Leitende Behörde für das Verfahren ist die Bezirksregierung Düsseldorf. Im Rahmen dieser Genehmigung findet auch eine Beteiligung der Stadt Kalkar gemäß § 11 Satz 1 der 9. BImSchV bzw. § 36 BauGB statt. Die Zuckerfabrik unterliegt den Vorgaben des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVPG). Das UVPG enthält die Rahmenvorgaben für die Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. einer sogenannten Vorprüfung des Einzelfalles, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden muss. Das beantragte Vorhaben fällt unter die sogenannte Vorprüfung des Einzelfalles, d.h. eine UVP ist nur unter Umständen durchzuführen. Die Bedingungen für die Durchführung einer UVP sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Dies ersetzt jedoch selbstverständlich nicht die Pflicht, die zu erwartenden Umweltauswirkungen adäquat zu untersuchen und zu bewerten. Im Rahmen der Beteiligung der Stadt Kalkar ist daher auch zu klären, ob die durch Gutachten ermittelten Umweltauswirkungen richtig dargestellt werden und aus Sicht der Stadt Kalkar Nebenbestimmungen aufzustellen sind, um negative Auswirkungen nach Möglichkeit zu verhindern oder zumindest abzumildern.

Die oben beschriebenen Änderungen im Betrieb der Zuckerfabrik und von Anlagen führen zu einer Änderung der erzeugten Emissionen, die sich im Wesentlichen auf die Bereiche Luftschadstoffe, Staub, Gerüche sowie Betriebs- und Verkehrslärm beziehen. Die übrigen Bereiche (z.B. Erschütterungen, Licht) sind mangels Relevanz zu vernachlässigen. Im Bereich der Luftschadstoffe und Gerüche sind keine nennenswerten bzw. wahrnehmbaren Änderungen der Emissionen zu beobachten; es kommt teilweise sogar zu Verbesserungen zur vorherigen Situation (bei Wertung des rechtlich zulässigen und daher möglichen Einsatzes von Heizöl zur Energiegewinnung).
Auch der Bereich des Betriebs- und Verkehrslärms führt zu nur geringfügigen Änderungen, die allesamt im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Richtwerte bleiben und nicht zu unbeabsichtigten Härten bei den von diesen Immissionen Betroffenen führen. Der Nachweis zu den zu erwartenden Schallemissionen wird über eine gutachterliche Stellungnahme geführt. Der Stellungnahme ist zu entnehmen, dass aus schalltechnischer Sicht die Anlagenänderung ohne weitere Lärmminderungsmaßnahmen durchgeführt werden kann. Seitens der Antragstellerin sind bereits Minderungsmaßnahmen wie Einhausung des Kohlebunkers vorgesehen.
Ebenso sind aufgrund der Feststellungen eines Geruchsgutachtens Maßnahmen zur Minderung von Geruchsemissionen für die im Rahmen des Änderungsgenehmigungsantrages beantragten Ergänzungen am Anlagenstandort nicht erforderlich.
Zudem wird das Unternehmen den Umschlag von Steinkohle so durchführen, dass während des gesamten Vorgangs, einschl. Anlieferung und Transport, staubförmige Emissionen möglichst vermieden werden (z.B. durch Reinigung der innerbetrieblichen Verkehrs- und Bewegungsflächen, Anlieferung der Kohle in der Kohleumschlaghalle, etc.).
Die am Anlagenstandort vorgesehenen neuen Anlagenteile sind vibrationsarm, so dass die im Betrieb auftretenden Erschütterungen und Vibrationen im näheren Umfeld des Betriebsgeländes unterhalb der Wahrnehmungsstärke liegen.
Die mit der steigenden Produktionskapazität verbundene Steigerung der Abwasser- sowie Abfallmengen kann durch die bereits vorhandenen Entsorgungsanlagen und -systeme bewältigt werden; diese sind durch bereits vorhandene Genehmigungen abgedeckt.
Es wird außerdem zu kurzfristigen, baubedingten Beeinträchtigungen kommen. Es ist mit einer Bauzeit von etwa einem halben Jahr zu rechnen. In dieser Zeit kann es laut den Antragsunterlagen zu geringen Beeinträchtigungen der in der Näher befindlichen Ortslage Appeldorn sowie der benachbarten Wohnbebauung kommen. Aufgrund der Entfernung zur nächsten Wohnbebauung sowie zu den Schutzgebieten wird diese temporäre Belastung jedoch sind keine erheblichen Auswirkungen haben.

Aus Sicht der Verwaltung bestehen zu dem immissionsschutzrechtlichen Antrag der Fa. Pfeifer & Langen grundsätzlich keine Bedenken. Die Planungen zur Sicherung des Betriebsstandortes in Kalkar-Appeldorn werden begrüßt. Die Betriebsgebäude befinden sich in einem laut Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiet gem. § 9 BauNVO; aus planungsrechtlicher Sicht ist die beantragte Änderung der Anlage demnach zulässig.
Mit den Betriebsänderungen ist auch eine Zunahme des Verkehrs, insbesondere des An- und Ablieferungs- sowie des Energieträgertransportes (Steinkohle) vor allem während der Zeit der Rübenkampagne verbunden. Zusätzlich soll die Dauer der Rübenkampagne, in der Zuckerrüben zu Weißzucker und Dicksaft verarbeitet werden, um 20 Tage auf max. 140 Tage steigen. Eine Festlegung der Rübenverarbeitungszeit auf definierte Monate entfällt. Die Transportverkehre (Rübenanlieferung künftig max. 60 Lkw/h im Tagzeitraum bzw. 26 Lkw/h im Nachtzeitraum; Festbrennstofftransporte max. 9 Lkw/h im Tagzeitraum) werden über die bereits genutzten Straßen- und Wegeverbindungen (B 67/Appeldorner Straße/Reeser Straße und über die Vynener bzw. "Rübenstraße") abgewickelt. Gemäß der gutachterlichen Feststellungen ist sowohl tags als auch nachts eine durchgängig sichere Einhaltung der entsprechenden Richtwerte nach TA Lärm gegeben. Die Straßen- und Wegeverbindungen sind grundsätzlich dazu geeignet, den zusätzlichen Verkehr aufzunehmen.
Der süd-östliche Teil der Vynener Straße ist vom Geltungsbereich der "Satzung über die Benutzung der gemeinschaftlichen Wirtschaftswege der Stadt Kalkar vom 16. September 1991" erfasst. Durch den zusätzlichen Schwerlastverkehr möglicherweise zu erwartende Schäden am Wirtschaftsweg sollen daher durch Verweis auf die Satzung gemindert werden. Es soll folgende Nebenbestimmung aufgenommen werden: Die "Satzung über die Benutzung der gemeinschaftlichen Wirtschaftswege der Stadt Kalkar" ist zu beachten. Dies gilt insbesondere für die §§ 3 (Benutzungszweck) und 4 (Unerlaubte Nutzung) der Satzung.

Finanzielle Auswirkungen


Im Rahmen der Abgabe der Stellungnahme entstehen der Stadt keine Kosten.

Beschlussvorschlag


Dem Antrag der Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG Werk Appeldorn nach §§ 16, 6 BImSchG auf Genehmigung zur wesentlichen Änderung der Anlage zur Herstellung von Zucker wird unter der Auflage zugestimmt, dass die "Satzung über die Benutzung der gemeinschaftlichen Wirtschaftswege der Stadt Kalkar" beachtet wird.

Vorgesehener Beratungsweg

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen der Drucksache verfolgen.

Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss, 21.04.2016

Wortbeitrag


Stadtoberbaurat Sundermann erläutert die Drucksache.

Es schließt sich eine Diskussion über die Errichtung eines zusätzlichen, mit Steinkohle betriebenen Kesselhauses zur Energieversorgung der Zuckerrübenfabrik an. Die Ratsmitglieder Untervoßbeck, Kühnen und Kunisch sähen gerne, wenn nach einer Alternative zur Befeuerung des neuen Kesselhauses gesucht würde. RM Untervoßbeck verweist auf das Unternehmen Karbonika aus dem Stadtteil Kalkar-Kehrum, welches aus Biomasse Kohle herstellt. RM Kunisch spricht sich gegen den Antrag auf Genehmigung aus.

Vorsitzender Naß, SB van den Berg und Stadtoberbaurat Sundermann machen darauf aufmerksam, dass die Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG durch die geplante Änderung eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und Effizienz der Bestandsanlagen erreichen und damit übergreifend die Wettbewerbsfähigkeit der Zuckerfabrik Appeldorn als Standort der Zuckerproduktion auch nach Auslaufen der Zuckermarktordnung erhalten und sichern wolle. Die Wahl des Brennstoffes solle, auch aus wirtschaftlichen Aspekten, der Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG überlassen werden. Stadtoberbaurat Sundermann betont, dass nach dem Immissionsgutachten die zulässigen Grenzwerte eingehalten würden.

RM Kunisch stellt den Antrag auf Erweiterung der Beschlussvorlage wie folgt:

"Mögliche Alternativen zur Befeuerung sollen geprüft werden."

Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss lehnt den Antrag bei 4 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen ab.

Beschluss


Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss beschließt bei 3 Gegenstimmen:

Dem Antrag der Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG Werk Appeldorn nach §§ 16, 6 BImSchG auf Genehmigung zur wesentlichen Änderung der Anlage zur Herstellung von Zucker wird unter der Auflage zugestimmt, dass die "Satzung über die Benutzung der gemeinschaftlichen Wirtschaftswege der Stadt Kalkar" beachtet wird.