57. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Kalkar – Planungsrechtliche Steuerung von Windenergieanlagen

  • Beschlüsse über die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 2 BauGB und über die Durchführung der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 2 BauGB
Vorlagennummer: 10/60
Beratungsart:öffentlich
Federführender Bereich:Planen, Bauen, Umwelt

Wichtige Dokumente zum Download (veröffentlicht am 11.12.2014)

Sachverhalt


Der Rat der Stadt Kalkar hat in seiner Sitzung am 11.10.2011 einstimmig beschlossen, das Verfahren zur 57. Änderung des Flächennutzungsplanes („Planungsrechtliche Steuerung von Windenergieanlagen“) einzuleiten. Hintergrund dieses Beschlusses war die Feststellung, dass eine generelle Überarbeitung des Themenkomplexes Windenergie erforderlich ist, da die vorliegenden Planungsgrundlagen von Mitte des letzten Jahrhunderts stammen und die darauf aufbauenden planungsrechtlichen Ausweisungen der 29. Änderung des Flächennutzungsplans aus juristischen Gründen zwingend einer Überprüfung bedürfen. Der Beschluss wurde auch deswegen gefasst, da Anfang 2011 zwei Anträge zur Errichtung von drei Windenergieanlagen in Kalkar-Neulouisendorf eingereicht wurden.

Zur Ermittlung von potentiell geeigneten Flächen für Windenergiestandorte wurden - im Zusammenhang mit der Erstellung der Beschlussvorlage zum Vorentwurf der 57. FNP-Änderung (vgl. DS-Nr. 9/202) - anhand gerichtlich überprüfter Abstände von Windenergieanlagen zu den Schutzgütern (Siedlungsbereiche, Wohngebäude im Außenbereich, Naturschutzgebiete, etc.) Abstandsradien ermittelt und diese einer Tabuflächenanalyse für das gesamte Kalkarer Stadtgebiet zu Grunde gelegt.

Bereits zum damaligen Zeitpunkt war klar, dass die Anzahl und die Größe der seinerzeit im Vorentwurf dargestellten Suchräume nicht bestehen bleiben konnte, sondern im weiteren Verfahren aufgrund noch zu erstellender Fachgutachten (insbesondere zum Artenschutz) und aufgrund der Ergebnisse der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung angepasst werden muss.

In der Sitzung des Rates der Stadt am 15.05.2012 wurde im Zusammenhang mit der Abwägung der Anregungen aus der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung das konkretisierte Konzept zur planungsrechtlichen Steuerung von Windenergieanlagen für den Außenbereich der Stadt Kalkar mehrheitlich beschlossen. Die Verwaltung wurde beauftragt, auf Grundlage dieses Konzeptes (vgl. DS-Nr. 9/270) den Entwurf zur 57. FNP-Änderung zu erstellen.

Im Zuge dieser Entwurfserstellung wurde das Konzept seitens der Verwaltung aufgrund planungsrelevanter Erkenntnisse weiter optimiert (vgl. DS-Nr. 9/372). In der Ratssitzung am 19.03.2013 wurde diesem Konzept als Ergänzung und Modifikation zu dem 15.05.2012 beschlossenen Konzepts einstimmig zugestimmt.

Weiterhin wurde in diesem Zusammenhang beschlossen, dass

der Suchraum III (südwestlich Hönnepel) für das weitere Verfahren als potentieller Eignungsbereich für Windnutzung dargestellt wird,

der im bisherigen Verfahren zur 57. Änderung dargestellte Suchraum und potentielle Eignungsbereich für Windnutzung X (südlich Niedermörmter) als „Innovationsreserve“ betrachtet wird; sollte ein Gutachten über die artenschutzrechtlichen Belange die Eignung des Bereiches als Suchraum ergeben, soll dieser Bereich wieder in das Änderungsverfahren aufgenommen werden,

der Suchraum I (westlich Grieth) ebenfalls als „Innovationsreserve“ zu betrachten ist, dessen planungsrechtliche Darstellung im Rahmen des geltenden Rechtes in Zukunft selbstverständlich unbenommen bleibt.

Zuletzt hat der Rat der Stadt Kalkar in seiner Sitzung am 12.12.2013 zum Verfahren der 57. FNP-Änderung Stellung bezogen. Dabei ging es um die Konkretisierung des Suchraums III (südwestlich Hönnepel) und die Erweiterung südlich der Rheinstraße/L 41 (vgl. DS-Nr. 9/476). Mehrheitlich wurde beschlossen, dass einer Änderung des Suchraumes III zugestimmt wird. Mit seinem geänderten Geltungsbereich soll der Suchraum III nach Vorliegen der erforderlichen naturschutzfachlichen Gutachten in das Verfahren zur 57. Änderung des Flächennutzungsplanes - Planungsrechtliche Steuerung von Windenergieanlagen - aufgenommen und planerisch gesichert werden.

Basierend auf den o. g. Beschlüssen und den aktuellen rechtlichen Anforderungen an die Potenzialflächenermittlung sowie dem Planungsstand zur Fortschreibung des Regionalplans für den Regierungsbezirks Düsseldorf kann der gegenwärtige Sachstand zum Verfahren zur 57. Änderung des Flächennutzungsplanes wie folgt wiedergegeben werden:

Ein Entwurf der Potenzialanalyse zur Ermittlung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung in Kalkar wurde zwischenzeitlich durch das Büro WoltersPartner Architekten & Stadtplaner GmbH, Coesfeld, im Auftrag der Stadt Kalkar erstellt. Folglich ist es so, dass sich die vom Büro umgearbeitete Tabuflächenanalyse zum Vorentwurf der 57. FNP-Änderung zu einer urteilskonformen Potenzialflächenanalyse an den Vorgaben der aktuellen Rechtsprechung, insbesondere des OVG NRW vom 01.07.2013 zur Ausweisung von zwei Windkonzentrationszonen in der Stadt Büren (OVG NRW, AZ: 2 D 46/12.NE) orientiert. Demnach muss eine hinreichende Differenzierung zwischen „harten Tabuzonen“ und „weichen Tabuzonen“ vorgenommen und die Gründe für die Unterscheidung ausreichend dokumentiert werden. Außerdem darf man gemäß Rechtsprechung nicht bestimmte „weiche Tabuzonen“ – wie zum Beispiel weitreichende immissionsschutzrechtliche Mindestabstände zur Wohnbebauung – fälschlicherweise als „harte Tabuzonen“ klassifizieren.

Das OVG geht davon aus, dass regelmäßig nur noch folgende Flächen als „harte Tabuzonen“, die für die Errichtung von Windenergieanlagen dauerhaft ungeeignet sind in Betracht kommen:

Flächen mit offensichtlich zu geringer Windhöffigkeit
besiedelte Splittersiedlungen im Außenbereich
zusammenhängende Waldflächen
Verkehrswege und andere Infrastrukturanlagen
strikte militärische Schutzbereiche
Naturschutzgebiete (§ 23 BNatSchG), Nationalparke und Nationalmonumente (§ 24 BNatSchG) sowie Biosphärenreservate (§ 25 BNatSchG) und gesetzlich geschützte Biotope (§ 32 BNatschG)

Je nach Planungssituation können darüber hinaus Landschaftsschutzgebiete (§ 26 BNatSchG) und Natura-2000 Gebiete (Flora-Fauna-Habitat-Gebiete und Europäische Vogelschutzgebiete) nur dann als „harte Tabuzonen“ bewertet werden, wenn eine Befreiung von den Zielen der jeweiligen Schutzgebietsverordnung ausgeschlossen werden kann.

„Weiche Tabuzonen“ sind solche Flächen, auf denen die Errichtung von Windenergieanlagen aufgrund städtebaulicher Erwägungen ausgeschlossen werden soll, obwohl die Nutzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen grundsätzlich möglich wäre. Damit steht der Kommune also ein wichtiges Steuerungselement zur Verfügung. Denn es ermöglicht ihr, selbst Kriterien festzulegen, nach denen bestimmte Flächen von der Planung ausgeschlossen werden sollen. Wenn die Kommune bestimmte Flächen als „weiche Tabuzonen“ klassifizieren will, muss sie dies allerdings genau abwägen und städtebaulich begründen. Differenziert eine Kommune nicht zwischen „harten und weichen Tabuzonen“, handelt es sich zudem um einen Abwägungsmangel. Das Gericht führt aus, dass unter anderen folgende Flächen lediglich als „weiche Tabuzonen“ zu klassifizieren sind:

1. Abstandsflächen zu Siedlungsbereichen

Abstandsflächen zu Siedlungsbereichen, die gewährleisten sollen, dass der Immissionsschutz beachtet wird, können nur in dem Umfang „harte Tabuzonen“ sein, indem im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes von einer Rücksichtslosigkeit auszugehen ist. Die festgelegten Abstände zu Siedlungsbereichen sagen in der Regel nichts Entscheidendes über die konkrete immissionsschutzrechtliche Realisierbarkeit einer Windenergienutzung aus. Welchen Abstand eine Windenergieanlage zur Wohnbebauung einhalten muss, hängt vom konkreten Anlagentyp und den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ab und kann daher erst im Einzelgenehmigungsverfahren konkret bestimmt werden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass auf den Abstandsflächen eine nachbarrechtskonforme Errichtung gelingen kann. Deshalb handelt es sich bei diesen Flächen überwiegend nicht um „harte Tabuzonen“ und es ist grundsätzlich immer eine Abwägung vorzunehmen, ob in diesen Bereichen die Ausweisung einer Konzentrationszone in Betracht kommt.

2. Abstandsflächen zum Schutz der Tiere

Abstandsflächen zu Schutzgebieten, wie etwa zu Flora-Fauna-Habitat-Gebieten oder Vogelschutzgebieten, sind keine „harten Tabuzonen“. Das Gericht begründet das damit, dass die Ausweisung einer Konzentrationszone für Windenergie in diesen Bereichen nicht notwendigerweise an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitert. Zwar können aufgrund des Artenschutzes Bauverbote bestehen, es ist aber immer an die Möglichkeit zu denken, eine Ausnahmegenehmigung oder Befreiung von diesen Verboten nach § 45 Abs. 7 bzw. § 67 Abs. 2 BNatSchG zu erhalten. Grundsätzlich kann die Kommune in diese Ausnahme- oder Befreiungslage hineinplanen.

Die EnergieAgentur.NRW stellt in diesem Zusammenhang fest, dass das OVG durch das „Büren-Urteil“ die häufig anzutreffende Praxis ablehnt, die oben genannten Flächen 1 und 2 pauschal als „harte Tabuzonen“ zu klassifizieren. Diese Praxis hatte bisher auch in der Tabuflächenanalyse zur 57. Änderung des Flächennutzungsplans Anwendung gefunden. Für Kalkar bedeutete das, dass sie bei der Ausweisung von Konzentrationszonen die bisher als „hart“ eingestuften Tabuzonen überprüfen lassen musste. Auch die einleitend erwähnten, komplexen politischen Abwägungsvorgänge geben Anlass dazu, die bisherige Tabuflächenanalyse zu überprüfen und die Abwägungsgrundlagen für die „weichen“ Tabukriterien zu dokumentieren.

Gemäß der aktuellen Rechtsprechung wurde in der Potenzialflächenanalyse die Ermittlung von Konzentrationszonen zur Windenergienutzung vom Büro WoltersPartner wie folgt vorgenommen:

Wesentliche Voraussetzung zur Ausgrenzung der harten und der Bestimmung weicher Tabukriterien ist die Definition einer „Referenzanlage“, also einer „Muster“-Windkraftanlage als Auslöser verschiedener Tabueinschätzungen. Eine derartige Referenzanlage ist erforderlich, da die Flächennutzungsplanung keine konkreten Vorhaben bzw. Standorte für diese plant. Bei der Auswahl der Referenzanlage ist daher Zurückhaltung geboten, da nicht feststeht, welche Windkraftanlagen mit welchem Immissionsspektrum zum einen künftig auf dem Markt sein werden und zum anderen tatsächlich in Kalkar errichtet werden sollen. Der untere Technologiestandard liegt heute bei 100 m Nabenhöhe, der obere bei 140 m. Der Rotordurchmesser liegt zwischen 70 und 120 m (somit Gesamthöhen von ca. 140 bis 200 m). Mehrheitlich werden derzeit Anlagen zwischen 2 und 3 MW gebaut. Zur Wahrung ausreichender Spielräume für künftige technische Entwicklungen, wird als Referenzanlage somit eine Windkraftanlage mit ca. 150 m Gesamthöhe, einem Rotordurchmesser von 100 m und einem Immissionsspektrum knapp über 100 dB(A) angenommen (gemäß umfangreicher Erhebungen des LANUV betragen die Emissionen einer so definierten Referenzanlage 100,5 dB(A) bei stark schallreduziertem Nachtbetrieb.).

„Harte“ Tabukriterien

Der Potenzialflächenanalyse für das Stadtgebiet Kalkar liegen die in der Anlage 1 beschriebenen harten Tabukriterien im Außenbereich zugrunde, also räumliche Gegebenheiten, die eine Nutzung durch Windkraftanlagen von vornherein nicht in Betracht kommen lassen. Bereits bei den harten Tabukriterien spielen Abstandsflächen eine wichtige Rolle. Dabei ist zu beachten, dass die Grenze einer künftigen Konzentrationszone in der Regel nicht den kleinsten Abstand zwischen dem Mastfuß einer Windkraftanlagen und der nächsten schützenswerten Nutzung, sondern zwischen dem äußeren Rand des Rotorradius und der zu schützenden Nutzung beschreibt. Dies geht auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2004 zurück, wonach Konzentrationszonen so beschaffen sein müssen, dass sie eine Windkraftanlage mit allen baulichen Teilen umfassen.

„Weiche“ Tabukriterien

Die weichen Tabukriterien beziehen sich vor allem auf Vorsorgeabstände, die nach dem Willen des Rates der Stadt Kalkar bei der Abgrenzung von Konzentrationszonen berücksichtigt werden sollen, um von vornherein Konfliktsituationen zu vermeiden bzw. zu entschärfen und um somit ein verträgliches Nebeneinander der unterschiedlichen Flächennutzungen auch langfristig zu gewährleisten. Die Grenzen, wie weit die Vorsorgeabstände bestimmt werden dürfen, sind nicht eindeutig zu definieren und orientieren sich daran, ob substanziell Raum für die Windenergienutzung verbleibt. Grundsätzlich gilt jedoch die Regel, dass ein Plan umso rechtssicherer ist, je größer der Raum für die Windenergienutzung ist.

Die weichen Tabukriterien sind das Ergebnis einer politischen Abwägung, die eine umfassende Beratung voraussetzt. Dem Wesen nach sind „weiche“ Tabukriterien nicht für sich jeweils wissenschaftlich zu begründen. Dennoch ist die Festlegung nicht willkürlich. Das Kontrollmaß ist der verbleibende Raum für die Windenergie. Die Schlüssigkeit der gewählten Tabukriterien ergibt sich durch den Vergleich untereinander. Dies kann am besten an die Immissions-Vorsorge-Abstände zu unterschiedlichen Arten von Siedlungsnutzung nachvollzogen werden:

höchstes Abstandserfordernis: Wohnsiedlungsbereiche
reduzierter Schutzanspruch: Kleinsiedlungen mit Mischgebietscharakter, Freizeitwohnen
weiter reduzierter Schutzanspruch: Wohnen im Außenbereich, Kleingärten, Sportanlagen
geringstes Abstandserfordernis: Gewerbe- und Industriebereiche

Die Differenzierungen untereinander sind jeweils begründbar. Das maximale Abstandsmaß (hier 800 m zu Wohnsiedlungsbereichen) ergibt sich aus der Tatsache, dass größer gewählte Abstände (1.000 oder 1.200 m) schlussendlich die Nutzungsmöglichkeiten der Windenergie soweit einschränken würden, dass dies einer Verhinderungsplanung gleichkäme.

Auch die angewandten weichen Tabukriterien sind in der Anlage 1 zu dieser Drucksache aufgelistet und erläutert.

Indizien für den „substanziellen Raum“

Die weichen Tabukriterien können im vorgeschlagenen Umfang nur angewandt werden, wenn der dann verbleibende tabufreie Raum in der Summe geeignet ist, der Windenergienutzung im Stadtgebiet Kalkar substanziell Raum zu belassen. Gemäß dem bereits zitierten Urteil des OVG NRW vom 01.07.2013 gibt es kein allgemein verbindliches Modell für die Frage, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung für die Nutzung der Windenergie in substantieller Weise Raum schafft. Vielmehr ist diese Entscheidung den Tatsachengerichten nach den Umständen des Einzelfalls und örtlichen Gegebenheiten vorbehalten, die in eine Gesamtbetrachtung eingehen müssen.

Dennoch muss sich auch die Stadt mit diesem Sachverhalt auseinandersetzen, da dies der entscheidende Schritt der Abwägung ist. Es wäre als Abwägungsausfall zu werten, wenn dies nicht erfolgt. Verschiedene Herangehensweisen kommen für die Ermittlung in Betracht. Nach Auswertung der Rechtsprechung ist es empfehlenswert; mindestens drei Indizien zusammenzutragen, die darauf schließen lassen, dass die mit der Planung von Konzentrationszonen verbundene Kontingentierung nicht zu einer verkappten Verhinderungsplanung führt.

Als Indizien kommen folgende Überlegungen in Frage:

Anteil der regenerativen Energien am Stromverbrauch: Der Anteil der regenerativen Energieerzeugung durch mögliche Windenergieanlagen in den künftigen Konzentrationszonen beträgt auf Grundlage der angestrebten Darstellungen über 100 % am Strombedarf der Stadt Kalkar. Eine Windkraftanlage mit 3 MW Leistung, was heute eine typische Leistungsgröße ist, erzeugt bis zu 7.000 MWh/Jahr. Bei einer Annahme von 15 neuen Windkraftanlagen, könnten pro Jahr rund 105.000 MWh Strom produziert werden. Der derzeitige aktuelle Stromverbrauch liegt bei ca. 75.350 MWh/Jahr. 23.900 MWh (rund 31,7 %) werden bereits durch regenerative Energien (davon 9.000 MWh durch 8 Windkraftanlagen) erzeugt.

Auswahl anerkannter, nicht „überzogener“ Tabukriterien: Die im Rahmen der Potenzialanalyse zugrunde gelegten weichen Tabukriterien, insbesondere die Vorsorgeabstände zu Wohnnutzungen, sind überaus zurückhaltend gewählt, so dass mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass im Stadtgebiet, von wenigen Einzelstandorten einmal abgesehen, keine weiteren größeren Standorte faktisch genutzt werden können.

Annäherung an den Energieatlas des Landes: Gemäß dem LANUV-Energieatlas sind für Kalkar im Leitszenario 91 ha Fläche und 48 MW installierbare Leistung vorgesehen. Die Stadt Kalkar stellt insgesamt 80,5 ha Konzentrationszonen dar. Rein rechnerisch bieten sie Platz für max. 4 Windkraftanlagen. Durch ihre Mehrkernigkeit können sie jedoch wesentlich mehr Windkraftanlagen unterbringen, als die Fläche rein rechnerisch zur Verfügung stellt. Durchschnittlich bieten sie Platz für ca. 15 Windkraftanlagen.

Hinweis: Unter Beachtung, dass grundsätzlich der Ausschluss der Zulässigkeit von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten seitens der Stadt Kalkar ausdrücklich aus den in der Begründung dargestellten Gründen angestrebt wird, stehen im übrigen Stadtgebiet aktuell keine weiteren Standorte > 10 ha mehr zu Verfügung.

Der aus diesen Betrachtungen resultierende Entwurf zur 57. FNP-Änderung ist als Anlage 2 dieser Drucksache beigefügt. In ihm wird das Konzept, welches der Darstellung der künftigen Konzentrationszonen zugrunde liegt, nochmals ausführlich begründet. Seitens der Mitarbeiter des beauftragten Planungsbüros Wolters Partner wird der Entwurf in der Sitzung des Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses am 04.12.2014 erläutert.

Finanzielle Auswirkungen


Die Kosten für die Planungsleistungen zur Erstellung des Entwurfs der 57. FNP-Änderung und der daran anschließenden Verfahrensbegleitung betragen ca. 19.700 €.
Zudem entstehen der Stadt Kosten in Zusammenhang mit der Bekanntmachung der FNP-Änderung im Amtsblatt.

Die Deckung der Planungskosten erfolgt aus Produkt 090101, Zeile 13, Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen; die Deckung der Bekanntmachungskosten erfolgt aus Produkt 090101, Zeile 16, sonstige ordentliche Aufwendungen.

Beschlussvorschlag


Die Beschlüsse über die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 2 BauGB und über die Durchführung der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 2 BauGB werden zum Entwurf der 57. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Kalkar gefasst.

Zielstellung der FNP-Änderung ist die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen zu einer städtebaulich geordneten und naturschutzfachlich begründeten Steuerung der Errichtung von Windenergieanlagen im Stadtgebiet von Kalkar.

Vorgesehener Beratungsweg

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen der Drucksache verfolgen.

Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss, 04.12.2014

Wortbeitrag


SB Dr. Mörsen erklärt sich vor Einstieg in die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt für nicht befangen.

Vorsitzender Naß führt in den Sachverhalt ein.

Stadtoberbaurat Sundermann erläutert den Inhalt der Drucksache und die Steuerungsfunktion der vorliegenden Flächennutzungsplanänderung.

Seitens des Planungsbüros WoltersPartner stellt Herr Ahn die Inhalte der 57. Flächennutzungsplanänderung und die Ableitung der Kriterien zur Ermittlung der zukünftigen Konzentrationszonen für die Errichtung von Windenergieanlagen vor. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass durch die Steuerung der Ansiedlung von Windenergieanlagen Bauverbote ausgesprochen werden, welche hinreichend begründet werden müssten.
Hinsichtlich der Befangenheit von Rats- und Ausschussmitgliedern verweist er auf den § 31 GO NRW, der i. V. m § 214 BauGB zu einem beachtlichen Fehler bei der Planänderung führen kann. Nach § 31 Abs. 1 GO NRW darf ein zu ehrenamtlicher Tätigkeit oder in ein Ehrenamt Berufene weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst, einem seiner Angehörigen, oder einer von ihm kraft Gesetzes oder kraft Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.

Es folgen eine Vielzahl von Wortmeldungen. Dabei schließt sich eine Diskussion zwischen BM Fonck, Vorsitzendem Naß, den Ratsmitgliedern Kunisch, Kösters und Rottmann, SB Kösters und SB Dr. Mörsen sowie Herrn Ahn an. Hierbei werden u. a. die Infraschallbelastung durch Windenergieanlagen, die allgemein zu berücksichtigenden Emissionen, der Umgang mit bauwilligen Interessenten, Lösungsmöglichkeiten für den Umgang mit der möglichen Befangenheit einzelner Mandatsträger sowie Antragsstellungen zu Windenergie in Neulouisendorf thematisiert. Herr Ahn verweist in diesem Zusammenhang auf die Konkretisierungsmöglichkeiten der Flächennutzungsplandarstellungen auf Ebene des Bebauungsplans zwecks Einzelstandortsteuerung für Windenergieanlagen speziell in Neulouisendorf. Dabei stellt Herr Ahn die grundsätzliche Zulässigkeit dieser Vorgehensweise fest. Herr Ahn erklärt zudem, dass es nach dem heutigen Stand der Wissenschaft keine durch von Windenergieanlagen erzeugten Infraschall hervorgerufenen Krankheitsbilder gibt, die einzelnen Schallemissionen erst bei der Windenergieanlagengenehmigung geprüft würden, zudem die Flächennutzungsplanänderung investorenunabhängig sei und auch gegenüber benachbarten Kommunen die im Rahmen der 57. Flächennutzungsplanänderung für das Stadtgebiet aufgestellten Kriterien gelten würden.

RM Rottmann bedankt sich bei der Verwaltung für die Erstellung der umfassenden Beschlusslage und stellt darüber hinaus fest, dass seitens der CDU-Fraktion diesen Regelungen gefolgt werde.

BM Fonck erläutert, dass die mögliche Befangenheit von Ratsmitgliedern nicht durch die Verwaltung geprüft werden könne, sondern jeder Mandatsträger sich selbst gegebenenfalls für befangen erklären müsse.

Vorsitzender Naß ergänzt in diesem Zusammenhang, dass aufgrund der Bedeutung der 57. Änderung des Flächennutzungsplanes für die Stadt Kalkar jedes Ratsmitglied seine mögliche Befangenheit persönlich prüfen solle. Er erläutert zudem die durch die Planung hervorgerufene Konfliktsituation zwischen den Bürgern und den Anlagenbetreibern unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten, betont aber, dass der Windenergie substantieller Raum eingeräumt werden müsse.

RM Kösters stellt einen Antrag auf Ende der Debatte. Es meldet sich SB Dr. Mörsen zu Wort. Er möchte Anträge für das Forum Kalkar stellen. Im Zuge dessen stellt sich jedoch heraus, dass es sich nicht um Antragsstellungen handelt, sondern lediglich um Beiträge zur Debatte. Daraufhin erklärt der Vorsitzende Naß die Diskussion für beendet und lässt über die Beschlussvorlage abstimmen.

Beschluss


Der Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt einstimmig:

1. Die „harten“ und „weichen“ Tabukriterien werden - wie in der Vorlage angegeben - beschlossen.

2. Die Beschlüsse über die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB und über die Durchführung der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB werden zum Entwurf der 57. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt gefasst.

Zielstellung der FNP-Änderung ist die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen zu einer städtebaulich geordneten und naturschutzfachlich begründeten Steuerung der Errichtung von Windenergieanlagen im Stadtgebiet von Kalkar.

Mit der Anwendung des „Planungsvorbehalts“ gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB wird das übrige Stadtgebiet von Windkraftanlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 freigehalten (Ausschlusswirkung).

Rat der Stadt, 18.12.2014

Wortbeitrag


Einleitend verweist BM Fonck auf das Schreiben der Verwaltung vom 16.12.2014 an alle Ratsmitglieder, in dem Hinweise und Erläuterungen zu einer möglichen Befangenheit von Ratsmitgliedern in Zusammenhang mit der 57. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Kalkar - Planungsrechtliche Steuerung von Windenergieanlagen - gegeben wurden.

Anschließend erläutert Stadtoberbaurat Sundermann nochmals eingehend die hier bestehende Problematik sowie die rechtlichen Hintergründe und beantwortet diesbezügliche Fragen der Ratsmitglieder.

Die Ratsmitglieder Giesen, Lamers, van Laak, Willemsen-Haartz und Wolters sowie BM Fonck erklären sich für befangen und nehmen an der Beratung und Beschlussfassung zu diesem Tagesordnungspunkt nicht teil.

Die 1. stellvertretende Bürgermeisterin Dr. Schulz übernimmt die Sitzungsleitung.

Der Vorsitzende des Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses, RM Naß, berichtet, dass der Fachausschuss den Sachverhalt eingehend beraten hat und dem Rat einstimmig einen vom Vorschlag in der Drucksache abweichenden Beschluss empfiehlt.

Stadtoberbaurat Sundermann ergänzt, dass die Abmessungen eines Teilbereiches der beabsichtigten Konzentrationszone in Kalkar-Neulouisendorf aufgrund einer Überprüfung der dortigen Gegebenheiten geringfügig erweitert wurden und sich daher der Entwurf des Planes zur 57. Flächennutzungsplanänderung entsprechend verändert hat.

RM Naß verliest den einstimmig vom Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschuss beschlossenen Beschlussvorschlag.

Erste stellvertretende Bürgermeisterin Dr. Schulz lässt über diesen Beschlussvorschlag abstimmen.

Beschluss


Aufgrund der Empfehlung des Bau-, Planungs-, Verkehrs- und Umweltausschusses vom 04.12.2014 beschließt der Rat der Stadt einstimmig:

1. Die „harten“ und „weichen“ Tabukriterien werden - wie in der Vorlage angegeben - beschlossen.

2. Die Beschlüsse über die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB und über die Durchführung der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 Abs. 2 BauGB werden zum Entwurf der 57. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt gefasst.

Zielstellung der FNP-Änderung ist die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen zu einer städtebaulich geordneten und naturschutzfachlich begründeten Steuerung der Errichtung von Windenergieanlagen im Stadtgebiet von Kalkar.

Mit der Anwendung des „Planungsvorbehalts“ gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB wird das übrige Stadtgebiet von Windkraftanlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 freigehalten (Ausschlusswirkung).

BM Fonck übernimmt wieder die Sitzungsleitung.