Projekt „Erinnerungskultur“: Denkmal zur Erinnerung an die Kalkarer Bürgerinnen und Bürger der jüdischen Gemeinde

Vorlagennummer: 10/227
Beratungsart:öffentlich
Federführender Bereich:Öffentlichkeitsarbeit, Kultur und Tourismus

Wichtige Dokumente zum Download (veröffentlicht am 10.03.2016)

Sachverhalt


In der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Tourismus vom 21. März 2013 wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Thematik „Erinnerung an die Kalkarer Bürgerinnen und Bürger der jüdischen Gemeinde“ projektbezogen auf eine künstlerische Intervention im öffentlichen Raum zu beraten und für eine Realisierung vorzubereiten.

In fünf Arbeitsgruppensitzungen wurden grundsätzliche Fragen wie auch Fragen der Verortung und des Wettbewerbverfahrens erörtert. Der Wettbewerb wurde öffentlich bekanntgemacht.

Neben den Erläuterungen zum Wettbewerbsverfahren wurden auf Anfrage von interessierten Künstlern weitere Materialien (Lagepläne, Fotos, historiografische Angaben) zur Verfügung gestellt.

Insgesamt wurden 13 Anfragen gestellt, 9 Künstlerinnen und Künstler beteiligten sich mit Entwürfen und Konzepten - bis zum Abgabetermin 31. März 2015.

In zwei Sitzungen der Arbeitsgruppe am 21. April und am 4. Mai 2015 wurden die 9 eingereichten Vorschläge gesichtet und eine erste Vorauswahl getroffen. In einer weiteren Sitzung am 22. Juni 2015 konnten sich fünf eingeladene Künstlerinnen und Künstler in der Arbeitsgruppe - kompetent verstärkt durch Drs. Ron Manheim (ehemaliger stellvertretender künstlerischer Direktor Museum Schloss Moyland und Initiator Haus der Begegnung-Beth Hamifgash Kleve) und durch Prof. Nicolas Beucker (Hochschule Niedrhein Krefeld, Public und Social Design) - mit ihren Entwürfen präsentieren.

Die Arbeitsgruppe teilte die Auffassung der beiden Experten, dass die Entwürfe von Nicole Peters, Goch, und Christoph Wilmsen-Wiegmann, Kalkar, von künstlerischem Wert sind, eine überzeugende eigenständige Handschrift tragen und inhaltlich gute Ansätze bieten. Beide Künstler, so wurde konstatiert, haben das Thema verinnerlicht und eine eigene Position dazu gefunden. Beide Arbeiten böten Potential zur Raumbildung und zur Aneignung des Platzes.

Einstimmig wurde im Arbeitskreis befunden, mit den beiden genannten Künstlern und ihren so unterschiedlichen Vorschlägen den Prozess weiter zu gestalten, d. h. beide zu einer Präsentation in den Ausschuss für Kultur und Tourismus einzuladen.

In der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Tourismus vom 3. Dezember 2015 stellten die beiden Künstler ihren Entwurf vor.

Drs. Manheim führte zu beiden Präsentationen aus, dass die Entwürfe im hohen Maß Rücksicht auf die Umgebung nähmen und die Künstler sich der Stadtraum-Situation sehr bewusst gewesen seien. Keines der geplanten Denkmale „erzähle“ eine Geschichte, der Betrachter müsse das Werk vielmehr entschlüsseln; dies sorge vielleicht für Irritationen, habe aber sicherlich auch eine positive Langzeitwirkung.

Der Ausschuss für Kultur und Tourismus gab jedoch keine Empfehlung für einen der vorgestellten Denkmal-Entwürfe an den Rat, sondern beschloss - abweichend vom vereinbarten Verfahren -, dass der Rat die Verwaltung anweisen möge, einen neuen Prozess der Meinungsbildung, gekoppelt mit grundsätzlichen Fragestellungen zum Denkmal anzustoßen.

In der Sitzung des Rates am 17. Dezember 2015 wurde dieser Beschluss mehrheitlich abgelehnt.
In der Konsequenz ist das Wettbewerbsverfahren nun wie vorgesehen durchzuführen.

Herr Christoph Wilmsen-Wiegmann hat zwischenzeitlich seine Teilnahme am Wettbewerb zurückgezogen. Frau Nicole Peters wird in der Ratssitzung ihren Denkmal-Entwurf (siehe Anlage) vorstellen und die inhaltlich-künstlerischen Gestaltungsideen, die Motiv- und Farbauswahl, die material-technischen Gegebenheiten sowie die Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung erläutern.

Um das Verfahren durch Ratsbeschluss abschließen zu können, ist eine Entscheidung über den Wettbewerbsvorschlag unumgänglich.

Der im Verfahren mehrmals bestätigte Kostenrahmen von 15.000,00 € für Honorar, Anfertigung und Aufbau sowie von 5.000,00 € für die bautechnische Vorbereitung (Fundament, Pflasterung) bleiben bestehen.

Finanzielle Auswirkungen


Die Kosten für das Denkmal betragen 15.000,00 €; die Kosten für die bautechnische Vorbereitung betragen ca. 5.000,00 €.

Der Rat der Stadt hat in der Sitzung vom 12. Dezember 2013 für den Haushalt 2014/2015 mehrheitlich die Bereitstellung der genannten Mittel für die Errichtung eines Kunstwerkes/Denkmales beschlossen. Bedingt durch den noch andauernden Verfahrensprozess sind die Mittel für das Haushaltsjahr 2016 übertragen worden

Beschlussvorschlag


Die Präsentation des Denkmal-Entwurfs von Nicole Peters wird zur Kenntnis genommen.

Einer Realisierung des vorgestellten Denkmal-Entwurfs „Denkmal zur Erinnerung an die Kalkarer Bürgerinnen und Bürger der jüdischen Gemeinde“ auf dem Museumsvorplatz wird zugestimmt.

Vorgesehener Beratungsweg

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen der Drucksache verfolgen.

Rat der Stadt, 17.03.2016

Wortbeitrag


BM Dr. Schulz erläutert die Drucksache und bittet um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Denkmal-Entwurf. Eine erneute Vertagung einer Entscheidung sei nicht mehr möglich; der Rat der Stadt müsse vielmehr in der heutigen Sitzung eine Entscheidung treffen.

Anschließend begrüßt sie Frau Peters und bittet um Vorstellung des Denkmal-Entwurfs.

Nach Beendigung des Vortrags entsteht ein Meinungsaustausch zwischen den Ratsmitgliedern Altenburg, Kunisch, Gulan, Leusch und Mosler sowie BM Dr. Schulz und Frau Peters, in der die dem Denkmal inne wohnende Idee ausdrücklich gelobt und die Auswirkungen des Denkmals auf den umliegenden Verkehr, die Entstehung von Pflegeaufwendungen und das Spektrum der aktuell bereits bestehenden Denkmäler mit jüdischem Charakter angesprochen werden.

BM Dr. Schulz unterbricht die Sitzung für 10 Minuten, um Besuchern der Sitzung die Möglichkeit zur Fragestellung an die Künstlerin zu geben.

Nach Wiederaufnahme der Beratung stellt RM Kunisch einen Antrag auf geheime Abstimmung, dem 8 Ratsmitglieder und damit mindestens ein Fünftel der Ratsmitglieder zustimmen.

Aufgrund der Fraktionsvorschläge werden die Ratsmitglieder Kühnen (Forum Kalkar), Peters (CDU), Ekers (SPD), Schopen (GRÜNE) und Wenten (FBK) zu Stimmenzählern bestellt.

BM Dr. Schulz lässt darüber abstimmen, ob der vorgestellte Denkmal-Entwurf „Denkmal zur Erinnerung an die Kalkarer Bürgerinnen und Bürger der jüdischen Gemeinde“ auf dem Museumsvorplatz realisiert werden soll.

Durch Namensnennung werden die anwesenden Ratsmitglieder festgestellt. Gleichzeitig werden die Stimmzettel an die einzelnen Ratsmitglieder und die Bürgermeisterin (30 Stimmberechtigte) ausgegeben.

Nach Auszählung der Stimmen durch die Stimmenzähler gibt BM Dr. Schulz bekannt, dass 30 Stimmen gültig abgegeben wurden. Hiervon waren:
13 Ja-Stimmen,
15 Nein-Stimmen und
2 Enthaltungen.

Sie stellt fest, dass damit der Beschlussvorschlag und damit auch der Denkmal-Entwurf der Künstlerin Frau Peters abgelehnt sind.

Nachdem BM Dr. Schulz sich bei Frau Peters für ihre Mühe und den Einsatz im Rahmen des Projektes "Erinnerungskultur" bedankt, gibt RM Gulan folgende persönliche Erklärung ab:

"Wir - die Ratsmitglieder - tragen die Verantwortung für die Entscheidung, die hier getroffen wurde. Für die vertriebenen und getöteten jüdischen Mitbürger, für die Bürgerinnen und Bürger, für den Rat der Stadt und für Frau Peters ist dies ein trauriges Ereignis, auch wenn es demokratisch legitimiert wurde. Ich hoffe, dass das nicht das letzte Wort zum Denkmal gewesen ist. Für all diejenigen, die das Projekt aus Kostengründen abgelehnt haben, sollte ein Sponsoring als Lösung der Kostenfrage im Vordergrund stehen, damit das Denkmal vielleicht dennoch realisiert werden kann."