Von Bierbrauern, Ochsen und alten Gaststätten

Am vergangenen Wochenende beteiligten sich zahlreiche Kommunalarchive des Kreises Kleve am „Tag der Archive", welcher in diesem Jahr unter dem Motto „Essen und Trinken" stattfand. In Kalkar präsentierte Stadtarchivar Mathis Ingenhaag bei zwei Führungen passende Archivalien aus sieben Jahrhunderten Stadtgeschichte. Dabei konnte zu Beginn tief ins Mittelalter abgetaucht werden, denn auch die älteste Urkunde der historischen Sammlung hat mit dem diesjährigen
Motto zu tun. Im Jahr 1326 überließ Graf Dietrich von Kleve seinem Koch Rutgerus und dessen Frau Hadewigis einen Hausplatz in Kalkar. Als Zins für dieses Rechtsgeschäft mussten passenderweise sechs Hühner geleistet werden. Das knapp 700 Jahre alte Dokument ist noch heute in einem erstaunlich guten Zustand und konnte von den Gästen detailliert in Augenschein genommen werden. Genau wie eines der bedeutsamen Rechnungsbücher, welches für das Jahr 1522 die geschlachteten Tiere listet, die für das Huldigungsmahl des neuen Herzogs im Kalkarer Rathaussaal benötigt wurden. Nicht weniger als zwei Ochsen, fünf Kälber, elf Spanferkel und mehrere Dutzend Geflügeltiere wurden verarbeitet.

Dass das Thema „Essen und Trinken" auch mit Widrigkeiten verbunden sein kann, zeigte wiederum eine Auflistung aus dem Jahr 1635 über Lieferungen der Stadt an den auf der Burg Monterberg logierenden Grafen von Isolani. Den Besatzern und durchziehenden Truppen musste die arme Landbevölkerung während des 80-jährigen Krieges täglich mehrere Pfund Brot, Butter oder Speck liefern.
An der zweiten Station der Führung berichtete Archivar Ingenhaag über die große Bedeutung, die das Bierbrauen im mittelalterlichen Kalkar hatte. In einer Akzise-Rechnung des Jahres 1503 werden stolze 42 Braustätten genannt, welche insgesamt knapp 4.000 Tonnen Bier befüllten. Manche der Teilnehmer konnten noch an die alten Namen und Standorte der Kneipen und Säle des letzten Jahrhunderts erinnern. Eine Postkartenaufnahme zeigte die „Schenkwirtschaft, Bäckerei & Colonialwarenhandlung Luib" in der Altkalkarer Straße. Bekannt war dieses Geschäft unter anderem für die Produktion des original niederländischen Gebäcks „Janhagel" - eine Werbeanzeige aus dem Jahr 1913 warb für diese mehrfach prämierte Köstlichkeit. Und auch die Gäste der Archivführung konnten sich vom Geschmack überzeugen, denn die Plätzchen werden bis heute in den angeboten.

Archivar Mathis Ingenhaag bei der Archivführung am 02.03.2024  Werbeanzeige der Bäckerei Luib aus dem Jahr 1913